Sound&Vision
Jonathan Shapiro
Sound and Vision ist ein inszeniertes Konzert, konzipiert und komponiert von Jonathan Shapiro (Decoder Ensemble), der auch als Interpret auf der Bühne steht. Licht-Design und visuelle Umsetzung stammt von Rosa Wernecke (Swoosh Lieu). Die multimediale Performance beleuchtet den Zusammenhang von visuellen Stimuli, Rhythmus und akustischen Phänomenen, die mittels einer Vielzahl traditioneller aber auch unkonventioneller Schlaginstrumente sowie in der verwendeten Elektronik zum Ausdruck gebracht werden. Das Publikum taucht ein in ein intensives Spektakel aus Licht und Klang, das den Raum über eine Stunde füllt und verwandelt.
Der Abend versteht sich auch als psychoakustische Studie, die sich mit der Wirkung visueller Reize, wie wir sie aus der Clubkultur kennen, auf die auditive Wahrnehmung auseinandersetzt: Wie kann der Rhythmus des Lichts als Kontrapunkt der musikalischen Rhythmik wahrgenommen werden? Gibt es eine Wechselwirkung zwischen Lichtpulsation und mikrotonalen Schwebungen? Wie beeinflusst die körperliche Erfahrung von Subbass-Frequenzen die allgemeine Wahrnehmung?
Weiterführende Fragestellungen betreffen auch die ästhetische Ebene: Wie sensibel reagieren wir, wenn experimentelle zeitgenössische Musik auf die audiovisuellen Elemente der Clubkultur trifft? Diese Fragen sind Ausgangspunkt für den konzeptionellen Prozess, der in der Aufführung eine zwingende Dramaturgie erfährt. Die wechselseitige Symbiose visueller und akustischer Ereignisse bewegt sich zwischen extrem gedehnter Spannung und völlig gelöster Entspannung. Formal gliedert sich "Sound and Vision" in zwei Sets von jeweils etwa 30 Minuten ohne Pause, wobei die Binnenszenen ineinander übergehen. Das Wandern von Klang und Licht transformiert den Raum dabei dreidimensional.
Ein besonderes Merkmal der Kompositionen in "Sound and Vision" ist die Verwendung neu erfundener Instrumente aber auch die unkonventionelle Nutzung des bekannten perkussiven Instrumentariums. Gleichwertig dazu steht die Elektronik sowie eine Reihe von Klangobjekten, die von Jonathan Shapiro selbst entworfen und gebaut wurden. Transducer, die live durch sechs Volumenpedale gesteuert werden, übertragen vorproduzierte elektronische Klänge auf die physischen Oberflächen von zwei Konzert-Bassdrums, zwei Snaredrums (vor und hinter dem Publikum) und auf ein großes Tam Tam (Chau Gong). Nach und nach werden dadurch sämtliche Teile der Klangkörper zum Vibrieren gebracht und erzeugen unerwartete akustische Phänomene. Mehrere mikrotonal gestimmte Wasserspringschalen, sogenannte „singende" Schalen, die durch Reiben der Griffe mit nassen Händen gespielt werden, erzeugen eine verblüffende Mixtur von Obertönen, deren Effekt eine Kombination aus Subbass-Differenztönen und sehr hellen Summtönen ergibt. Ein spezielles neues Instrument, zusammengesetzt aus alpinen Kuhglocken, erinnert an ein überdimensionales Windspiel oder an die bewegten Gliedmaßen einer Marionette. Über den Boden geschleift wirken die zusammenhängenden Glockenobjekte wie ein Klang-Umhang, der sich mit dem Performer durch den Raum bewegt. Ein sechzig Jahre altes Ölfass, gefertigt aus einer speziellen Legierung, wird mit Gongschlägeln und meterlangen Holzstäben bespielt und mischt dabei das reiche Spektrum des Fasses mit den Glissandi des Holzstabs. Ein Vorhang aus metallenen Treppenhüpfern, verstärkt durch Kontaktmikrofone und verfremdet durch E-Gitarren-Effektpedale, erzeugt science-fiction-artige Klänge, jedesmal wenn der Performer durch das Objekt hindurchgeht und eine der Metallspiralen berührt. Das Schlussstück des Konzerts stellt schließlich ein brandneues Instrument vor: In einer Konstruktion sind zwei Drumsets einander gegenübergestellt und dienen als Resonatoren für eine Vielzahl von Saiten, Federn und Holzstäben, die über Löcher in den Trommelfellen eingespannt und verbunden sind. Die Membrane wirken dabei wie ein Verstärker, vergleichbar mit einem überdimensionalen Dosentelefon, wie wir es aus Kindertagen kennen.
Die Künstlerin Rosa Wernecke steht für eine hochinnovative Arbeit mit Licht- und visuellen Bühnentechniken. Sie bringt für das Projekt ihr Expertenwissen ein, um Elemente zu entwickeln, die das sensorische Erlebnis von "Sound and Vision" verstärken. Der Klang wird mit Hilfe von Lichteffekten wie Laser und LED-Schnüren sowie im differenzierten Einsatz von Nebel verräumlicht. Das Licht wechselwirkt mit den Klangkörpern, reflektiert auf dem Wasser der speziellen Klangschalen, während Lichterketten, die zwischen den Trommeln bespannt sind, Effekte im Einklang mit den akustischen Schwingungen erzeugen. Live-Video-Projektionen auf den architektonischen Oberflächen betten das Sehen und Hören ein und strukturieren die sinnliche Dramaturgie.
Die Premiere von "Sound and Vision" findet am 14. Februar 2025 im Schuppen 6 in Lübeck im Rahmen der Konzertreihe Klangrauschen statt. "Sound and Vision" ist als Titel eine Hommage an David Bowie, dessen umfangreiches künstlerisches Werk eine große Inspiration darstellt.
(Text Jonathan Shapiro)
Schuppen 6
Lübeck
Eintritt: 15,- €
Ermäßigt: 8,- €
Karten an der Abendkasse. und unter 0179/6871145.